Genesungsbegleiter
Unterstützung auf Augenhöhe
Im Fachbereich Beratung & Betreuung sind zwei Genesungsbegleiterinnen tätig. Sie unterstützen psychisch erkrankte Menschen – und können dabei auf eigene Erfahrungen zurückgreifen.
Genesungsbegleiter hören zu. Sie schenken ihrem Gegenüber und dessen Problemen Raum und Zeit. Und begleiten ihn auf dem manchmal steinigen Weg der Genesung. Weil sie diesen schon selbst erfolgreich gemeistert haben. Genesungsbegleiter haben selbst schon psychische Krisen durchlebt und Psychiatrieerfahrungen gesammelt. Diese nutzen sie, um andere Menschen in ähnlichen Situationen zu unterstützen. Es ist ein noch recht junges Tätigkeitsfeld, das manchmal auch als „Peer-Berater“ oder „EX-IN-Begleiter“ beschrieben wird. Aber egal, welche Bezeichnung verwendet wird, die Aufgaben sind dieselben: Genesungsbegleiter sprechen und arbeiten auf Augenhöhe mit psychisch erkrankten Menschen, haben Verständnis für ihre Sorgen und unterstützen sie.
Zwei Genesungsbegleiterinnen sind im GfS-Fachbereich Beratung & Betreuung tätig, eine ehrenamtlich, die andere ist ausgebildete Heilerziehungspflegerin. Beide helfen bei der sozialpsychiatrischen Versorgung der Klienten. „Sie können sich dank ihrer eigenen Erfahrungen bestens in die Klienten einfühlen und ihnen zurück in ein selbstbestimmtes Leben helfen“, erklärt Jochen Hoffmann, stellvertretender Fachbereichsleiter. Hat zum Beispiel ein Klient nach einem Klinikaufenthalt Bedenken, seine Medikamente zu nehmen, können die Genesungsbegleiterinnen ihm erklären, warum und wie ihnen selbst Psychopharmaka zurück ins Leben geholfen haben. Sie sind in der Lage, ihre eigenen Erlebnisse und Erfahrungen zu reflektieren, und können gemeinsam mit ihren Klienten individuelle Lösungswege erarbeiten. „Genesungsbegleitern gelingt es teilweise schneller und einfacher, Vertrauen zu Klienten aufzubauen, weil sie nachempfinden können, wie diese sich fühlen“, so Hoffmann.
Eine zertifizierte einjährige Ausbildung bereitet Genesungsbegleiter auf ihre Aufgaben vor. „Sie richtet sich auch an Menschen, die aufgrund ihrer psychischen Erkrankung nicht mehr beruflich tätig, aber durchaus in der Lage sind, sich wöchentlich stundenweise zu belasten“, erklärt Hoffmann. „Wichtig ist, dass sie auf andere Menschen zugehen können, kontaktfreudig sind sowie die Probleme anderer ernst nehmen und akzeptieren. Und Voraussetzung ist natürlich, dass sie selbst angemessen psychisch stabil sind.“ Nur dann können sie anderen Menschen helfen, sich selbst und anderen wieder zu vertrauen.
Vom Fachbereich Beratung & Betreuung werden die Genesungsbegleiterinnen unter anderem in Fallgespräche einbezogen – in solche mit, aber auch in jene über die Klienten. Dadurch, dass sie eine andere Sichtweise haben, helfen sie zu vermitteln und fungieren auch als Fürsprecher. „Die Klienten fühlen sich oftmals besser vertreten, wenn jemand Teil der Gespräche ist, der ihre Situation versteht“, sagt Jochen Hoffmann.
Basis der gemeinschaftlichen Beziehungsarbeit ist immer die Freiwilligkeit – von beiden Seiten. Fühlen sich Genesungsbegleiter zu sehr an ihre eigene psychische Erkrankung erinnert, haben sie immer die Möglichkeit, die Zusammenarbeit mit Klienten zu verändern oder zu beenden. „Sie lernen in ihrer Ausbildung, ein Gespür dafür zu entwickeln, wann es für sie das Beste ist, sich zurückzuziehen. Sie kennen ihre Grenzen. Und es muss nicht jeder alles können“, sagt Hoffmann. Zudem sei die Supervision in den Teams obligatorisch.
„Eine psychische Erkrankung ist häufig mit einer Lebenskrise verbunden, mit dem Verlust von sozialen Kontakten und häufig auch dem Verlust von Arbeit und Einkommen.“ Genesungsbegleiter in der Eingliederungshilfe könnten aber dabei helfen, „ihnen wieder Licht am Ende des Tunnels zu vermitteln.“